Ehemaliger Stahlstandort BELVAL

Industriebrachen erwachen zu neuem Leben

Langfristig fast 3.000 Wohneinheiten

 In 15 Jahren hat Belval den halben Weg geschafft. Seit Beginn des Vorhabens obliegen AGORA Planung und Entwicklung des Standortes sowie die Vermarktung verschiedener Projekte. Die zu gleichen Teilen zwischen dem Staat und ArcelorMittal gegründete Gesellschaft hat aus diesen Industriebrachen, auf denen über 80 Jahre lang Stahl gekocht wurde, ein einzigartiges neues Stadtquartier in Luxemburg geschaffen. Ein städtischer Raum, in dem auf sämtlichen Ebenen Diversität herrscht: Bevölkerung, Wohnen, Dienstleistungen. Ein lebendiges Stadtviertel, in dem die Generationen zusammen kommen und das zahlreiche ausländische Investoren anzieht. Wir sprachen mit Robert Kocian, Direktor für Marketing und Entwicklung von Agora.

Herr Kocian, welche Rolle spielt Agora?

Agora hat die Funktion einer Raumplanungsgesellschaft. Zu ihrer Aufgabe gehört die Realisierung von Infrastrukturen und öffentlichen Plätzen in Belval wie z.B. Grünflächen und Straßen. Sie tritt ferner als Entwicklungsgesellschaft bei der Vermarktung des Standortes auf, d.h. beim Verkauf von Grundstücken, die für die Entwicklung von Immobilienprojekten bestimmt sind. Unsere Arbeit ist auf dem von dem niederländischen Büro Jo Coenen ausgearbeiteten Masterplan aufgebaut.

Wie ist es Ihnen gelungen, eine lineare Progression des Standortes zu garantieren?

Zunächst einmal lehnen wir den Grundstücksverkauf für Spekulationen ab. Die Aufgabe von Agora besteht in der Aufrechterhaltung einer progressiven Entwicklung sowie der urbanen und architektonischen Qualität von Belval, die man den Bewohnern des Standortes und Besuchern anbieten will. Das Ziel besteht in der "Wahrung" eines hervorragenden Gesamtbildes des neuen Stadtquartiers.

Mit einer Fläche von 1,4 Millionen m2

Der Masterplan sieht die Bebauung von 1,4 Millionen m2 vor. Auf dieser Fläche ist ein kohärentes urbanes Ensemble geplant, in dem rund um die Uhr Leben herrschen soll, mit Wohnungen, Dienstleistungen, Service, Geschäften, Kultur usw. Langfristig, d.h. in den kommenden zehn Jahren, sollen es 7.000 Bewohner werden und 20.000 - 25.000 Menschen, die hier täglich ihrer Beschäftigung nachgehen, als Arbeitnehmer, Studenten oder Forscher. Dieses Projekt, das auf die beiden Gemeinden Esch-sur-Alzette und Sanem verteilt ist, wird von über 30.000 Menschen pro Tag mit Leben erfüllt.

Man kann also praktisch das ganze Leben hier am ehemaligen Industriestandort verbringen, insbesondere da ja auch immer neue Studenten kommen werden?

Mit dem Ende der industriellen Nutzung des Standortes musste ein Projekt gefunden werden, das die urbane Verbindung zwischen Belval und Esch herstellt. Es ist aber festzustellen, dass die Dinge sich seit 2001 schneller entwickelt haben als man sich vorstellen konnte. Umso besser! Der Standort kommt sowohl bei den Bewohnern als auch bei ausländischen Investoren gut an. Dies beweist, dass er ein ausgezeichnetes Image genießt. Zum ersten neuen Hochschulsemester von 2015 kamen 2.000 Menschen in einer Woche. Heute kommen täglich 3.000 Menschen zur Universität Luxemburg. Insgesamt werden 6.000 in den kommenden Jahren erwartet. Es fehlte nur noch die universitäre Dimension, um das ins Auge gefasste Gesamtkonzept komplett zu machen.

Ist das Stadtviertel Belval also heute voll in Betrieb?

Nicht nur das - es funktioniert auch rund um die Uhr. Die meisten Straßen und öffentlichen Räume wurden geschaffen. Ein Park von ca. zehn Hektar wurde 2013 eingeweiht und die "Waassertrap"-Promenade stellt die Verbindung zwischen Norden und Süden von Belval dar. Auch wenn noch nicht der ganze Standort genutzt wird, ist er nutzbar, und zwar auch hinsichtlich der Freizeitaktivitäten.

Sie sprachen von ausländischen Investoren. Wie laufen die Immobilienprojekte?

Die Attraktivität von Belval auf dem Markt wird durch den internationalen Aspekt verstärkt. In den ersten Jahren handelte es sich bei den Akteuren der Immobilienprojekte ausschließlich um luxemburgische Akteure. Nun sind auch ausländische Investoren in Belval vertreten. Dieser Punkt spiegelt den Erfolg des Projekts wieder. So wird Eiffage-Perrard (eine französisch-luxemburgische Gesellschaft) 2017 das Studentenwohnheim Galileo bereitstellen, Strabag (deutsch) wird 75.000 m2 Büroräume schaffen und Capelli (ein schweizerisches Unternehmen) 100 Wohnungen.

Wie entwickelt sich der Standort hinsichtlich der Zugänglichkeit?

Unser Ziel war es, eine Aufteilung zwischen öffentlichen und privaten Verkehrsmitteln in der Größenordnung 60 % - 40 % zu erhalten, was in Luxemburg ein sehr ambitioniertes Verhältnis ist. Die Regierung sieht eine Verteilung in der Größenordnung von 75 % - 25 % bis 2025 im ganzen Land vor. Wir wollten diese Verteilung von Anfang an vorwegnehmen. Heute nun ist das Netz fertiggestellt. Der Bahnhof von Belval wurde 2012 eingeweiht und erlaubt eine Verbindung Rodange-Belval mit einem Zug alle 20 Minuten. Luxemburg-Stadt kann in 25 Minuten erreicht werden. Die Busverbindungen sind gut ausgebaut. Aktuell fahren ständig 15 Buslinien Belval an, was hinsichtlich der Häufigkeit sehr selten ist, ohne Berücksichtigung der Buslinie der Universität. Vor Ort kann die Fortbewegung mit dem Fahrrad erfolgen: Hierfür wurden 4 Stationen eingerichtet. 10.000 Menschen besuchen den Standort täglich, 10 Jahre, nachdem das erste Gebäude errichtet wurde. Dies ist eine beeindruckende Zahl, die 2.000 Bewohner, 4.000 Arbeitnehmer, 3.000 Studenten und 1.600 Schüler des Bel-Val-Gymnasiums umfasst.
Parallel dazu wird das Parkplatzangebot angepasst.

Für die Bewohner wurden bereits 700 Wohneinheiten geschaffen und viele weitere werden hinzukommen.

Effektiv sind insgesamt 3.000 Wohneinheiten geplant, um 5.000 - 7.000 Bewohner aufnehmen zu können. 30 % der geplanten Projekte sind bereits durchgeführt. Das Wohnungsangebot ist riesig. Die Bewohner haben Belval schätzen gelernt und erzählen von der Lebensqualität, die man dort finden kann.
Studentenwohnungen sind im Viertel "Square mile" im Südwesten zu finden, nämlich ein Studentenwohnheim mit 400 Zimmern, das sogenannte Unival 1. Unival 2 hat 2016 mit 200 Zimmern eröffnet und Galileo wird auch  200 Zimmer bieten.

Der Südosten ist vom Nordwesten nur einen Kilometer entfernt, das sind 10 Minuten zu Fuß. Gibt es ein Viertel, das mehr als Wohnviertel konzipiert ist als andere?

14 Wohngebäude wurden in Belval Nord geschaffen und 6 werden noch entstehen. Es sind im Wesentlichen Appartements und Reihenhäuser mit Blick auf die Promenade. Die Gemeinde Sanem hat ein Seniorenheim (Centre Intégré Pour Personnes Agées (CIPA)) mit 120 Zimmern gebaut. Dort ist auch das Studentenwohnheim mit 50 Zimmern zu finden, das von der LaLux-Stiftung realisiert wurde. Das Viertel ist ein schönes Beispiel für ein Zusammenleben der Generationen. Außerdem liegen sämtliche Bauten in offenen, begrünten Bereichen.
Belval Süd wird im gleichen Geiste gestaltet. Es sind insbesondere 400 Wohneinheiten geplant, die ab 2018 bezogen werden sollen. Im Südosten liegt das neuralgische Zentrum des Standorts, mit Hochofen-Terrasse und Square-Mile, wo sich die Universität, die Forschungszentren, das BIL-Gebäude, Unternehmen, Verwaltungen und das Geschäftszentrum befinden, das auch die 250 ersten in Belval bereitgestellten Wohnungen umfasst. Die "Rockhal" zieht pro Monat über 10.000 Besucher an.

Welches sind die größten Bauprogramme?

Es sind 3 gemischte Wohnungsbauprogramme in Planung: Tracol will ab 2017 100 Wohnungen bauen, Asar-Soludec wird 96 Wohnungen bis Ende 2016 bereitstellen und Anfang 2017 wird Baubeginn für das Capelli Towers-Gebäude mit 100 Appartements sein. Die Vorabvermarktung aller dieser Elemente ist sehr wichtig: Wir kommen auf 85 % Verkäufe vor dem Bau. 18 Parzellen sind noch im Square-Mile-Viertel zu entwickeln. Für die Projekte von Belval Süd ist eine Mischung zwischen Geschäften und Wohnungen oder Büros und Wohnungen vorgesehen. Schließlich sind noch 14.000 m2 Büroräume in der Entwicklung. Es wird versucht, in jedem Viertel die gleiche Flexibilität und Mischung zu schaffen, damit Bewohner und Nutzer sich in einem lebendigen und lebhaften urbanen Raum bewegen können.
 
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Die CAPELLI TOWERS

Im Süden von Belval werden die Capelli Towers 100 Wohnungen, vom Studio bis zur 3-Zimmer-Wohnung, umfassen, die auf zwei Türme mit 13 bzw. 15 Stockwerken verteilt sind. "Das futuristische Design dieser beiden Türme verbindet architektonisches Knowhow und Innovation", so Fernand Hornung, Direktor von Unicorn. "Die Besonderheit dieser beiden Türme ist, dass sie jeweils eine Panoramaterrasse im obersten Stockwerk haben werden. Diese Terrassen werden allein den Bewohnern vorbehalten und voll ausgebaut und ausgestattet sein." Die beiden Türme werden zu den höchsten Wohngebäuden im Süden Luxemburgs gehören, mit unverbaubarer Aussicht...
Als Experte im Verkauf von Immobilien in Belval mit ca. hundert Projekten in den vergangenen fünf Jahren bis heute, verfügt die Agentur Unicorn auch über "den größten Bestand an Mietwohnungen". Für den Direktor ist das Leben in Belval eine echte Alternative. "Sie können zum gleichen Preis fast den doppelten Wohnraum wie in Luxemburg-Stadt haben oder zweimal weniger für die gleiche Anzahl an Zimmern bezahlen". Jemand der in Belval ein Objekt kauft, könne sicher sein, "dass er es vermieten oder in fünf Jahren mit Gewinn verkaufen kann", denn "der Standort ist noch nicht voll entwickelt".