Kommt es zu einer Überhitzung des Marktes?

Im vierten Quartal 2020 wurde ein jährlicher Immobilienpreis von 16,7 % festgestellt. Wie ist ein solcher Anstieg der Immobilienpreis zu rechtfertigen?

Im vierten Quartal 2020 wurde ein jährlicher Immobilienpreis von 16,7 % festgestellt. Im zweiten Quartal 2019 betrug der Anstieg um die Hälfte weniger. Wie ist ein solcher Anstieg der Immobilienpreis zu rechtfertigen?

Der Immobilienmarkt in Luxemburg wirft zahlreiche Fragen auf. Einerseits wundern sich viele Kaufwillige über das Preisniveau, das ihnen unerschwinglich erscheint. Andererseits reiben sich die Eigentümer angesichts der durch die Decke gehenden Immobilienpreise die Hände. Zwischen ihnen stehen die Investoren, die die Chancen dieses dynamischen Marktes sehen und sich Sorgen um einen möglichen Rückschlag machen.

Anfang April legte die Wohnraumerfassungsstelle, unterstützt durch das luxemburgische Institut für Sozialforschung, in Zusammenarbeit mit STATEC (Nationales Institut für Statistik und Wirtschaftsstudien des Großherzogtums Luxemburg) eine Bestandsaufnahme der derzeitigen Situation vor: „Die Preise für Wohnungen, Apartments und Häuser sind zwischen dem vierten Quartal 2019 und dem vierten Quartal 2020 insgesamt um 16,7 % gestiegen. „Das bedeutet eine deutliche Beschleunigung der Preisentwicklung gegenüber den vorhergehenden Quartalen. Schon im Jahr 2019 war der jährliche Anstieg erheblich, aber stieg dennoch nur um 10,1 %. Im Jahr 2018 stiegen die Preise um 7,1 %, 2017 um 5,6 % und 2016 um 6 %.

 

Wie lässt sich ein dermaßen schneller Anstieg erklären? Die meisten Beobachter nennen als Grund den Mangel an Angeboten gegenüber einer immer noch sehr starken Nachfrage aufgrund der entwickelten wirtschaftlichen Attraktivität des Landes. Dieses Ungleichgewicht ist strukturell und nimmt weiter zu. Sollte es kurzfristig nicht deutlich mehr Wohnraum auf dem Markt geben, was unwahrscheinlich ist, so dürften die Preise in Luxemburg dauerhaft steigen, wie dies bereits in den meisten europäischen Großstädten der Fall ist.

Reicht aber der Strukturmangel aus, um die beträchtliche Preissteigerung in den letzten Monaten zu rechtfertigen? Nach Ansicht von Thomas Valici sicherlich nicht. In den Augen des Wirtschaftswissenschaftlers der Fondation Idea „haben sich die grundlegenden Wirtschaftsstrukturen selbst nicht verändert“, trotzdem sind die Realpreise für Wohnimmobilien in Luxemburg laut OECD von 4,8 % im Jahr 2018 auf 8 % im Jahr 2019 und um 13,4 % im Jahr 2020 gestiegen. Dieser Kenner des Marktes hielt es für zweckdienlich, in einer Veröffentlichung an die verzerrte Wahrnehmung zu erinnern, die wahrscheinlich die Preise ankurbeln – zur großen Enttäuschung der Erstkäufer und bestimmter Investoren. „Umso mehr, als ein Teil der unfreiwilligen Ersparnisse, die von den reichsten Haushalten in der COVID-19-Pandemie unfreiwillig gebildet wurden, sich tatsächlich in einem zusätzlichen Liquiditätszufluss in „Betongold“ niedergeschlagen hat“, kommentiert er. 

 

Die Immobilie ist mehr als ein Ort, an dem man lebt. Sie wird von der Bevölkerung zunehmend eher als eine Investitionsgelegenheit betrachtet. Diese Dynamik wird durch die Möglichkeit der Aufnahme von Krediten zu niedrigen Zinsen begünstigt. Diese Entwicklung trägt zum kurz- und mittelfristigen Preisanstieg bei, den man, wenn nicht als ungerechtfertigt, zumindest als stark abweichend von anderen wirtschaftlichen Entwicklungsindikatoren des Landes betrachten kann. Denn wenn die Immobilienkaufpreise in die Höhe schießen, werden sich die Mieten nicht in gleicher Weise anpassen, die einzelnen Gehälter übrigens auch nicht.

Was schließen wir daraus? Es ist langfristig möglich, dass die Immobilienpreise angesichts des strukturellen Wohnungsmangels weiterhin steigen werden. Die in den letzten Monaten festgestellte Überhitzung wird sich jedoch nicht dauerhaft halten. Kurz- und mittelfristig muss der Markt sich auf die eine oder andere Weise stabilisieren.